BAG Urteil Zeiterfassung: 10 Fakten, die Unternehmen wissen sollten

Seit September 2022 gilt die Arbeitszeiterfassungs-Pflicht für Unternehmen. Doch viele Arbeitgeber sind durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes verunsichert und wissen nicht, was sie künftig bei der Zeiterfassung beachten müssen.

Vergangenes Jahr hat das Bundesarbeitsgericht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung per Grundsatzurteil bestätigt. Genaue Vorgaben wie beispielsweise die Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung wurden zwar noch nicht implementiert. Trotzdem hat das Urteil weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitszeiterfassung vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen. Arbeitgeber sind durch das BAG-Urteil dazu verpflichtet, zeitnah ein verlässliches Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen.

Doch welche Aspekte müssen zwingend schon jetzt berücksichtigt werden? Wie flexibel kann die Umsetzung erfolgen und welche Chance bietet das BAG-Urteil zur Zeiterfassung den Betrieben? Der nachfolgende Artikel liefert zehn Fakten, die Unternehmen hinsichtlich der Arbeitszeiterfassung wissen müssen.  

1. Bedeutung des BAG-Urteils für Unternehmen

Das BAG-Urteil zur Zeiterfassung aus September 2022 nimmt die Unternehmen in die Pflicht. Arbeitgeber müssen die tägliche Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch und zuverlässig erfassen. Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Arbeitszeitmodelle. Ob vor Ort, im Home-Office, auf der Baustelle oder im Außendienst: Arbeitgeber müssen geeignete Systeme und Prozesse zur Arbeitszeiterfassung implementieren.

Zwar ist die elektronische Arbeitszeiterfassung noch nicht verpflichtend – doch das ist nur eine Frage der Zeit. Bereits seit April 2023 liegt der aktuelle Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums vor. Es wird erwartet, dass das Gesetz noch 2023 in Kraft tritt, und die digitale Zeiterfassung für alle Unternehmen verpflichtend wird.

2. EuGH-Urteil legt 2019 die Basis für künftige Rechtsprechung

Die Entscheidung des EuGH von 2019 legte den Grundstein für das BAG-Urteil zur Zeiterfassung. Der Europäische Gerichtshof betonte damit die Bedeutung der Arbeitszeiterfassung zum Schutz der Arbeitnehmer und zur Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen innerhalb Europas. Damit war bereits 2019 klar, dass das bis dahin in Deutschland geltende Arbeitszeitgesetz nicht ausreichen würde. Bis zu dem auch als „Stechuhr-Urteil“ bezeichneten Beschluss des EuGH, waren Unternehmen nur verpflichtet, die geleistete Mehrarbeit – also die Überstunden – ihrer Mitarbeiter aufzuzeichnen. Das Bundesarbeitsgericht konkretisiert nun diese Vorgabe. Künftig müssen Beginn, Ende sowie die Dauer der täglich geleisteten Arbeitsstunden erfasst werden.

3. Pflicht zur systematischen Arbeitszeiterfassung

Gemäß BAG-Urteil müssen Unternehmen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch erfassen. Sämtliche Zeiten müssen verlässlich und jederzeit zugänglich sein. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen ein effektives Zeiterfassungssystem implementieren müssen, welches eine lückenlose Aufzeichnung der Arbeitszeit ermöglicht.

Für Unternehmen, die bereits Methoden zur Zeiterfassung umgesetzt haben, besteht aktuell kein Handlungsbedarf. Allerdings kann es zu Änderungen kommen, wenn der Gesetzgeber konkrete Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung macht. Handeln müssen nun Arbeitgeber, die keine Arbeitszeiten erfassen – weil sie beispielsweise auf Vertrauensarbeitszeit setzen.

Ausnahmen soll es laut Gesetzentwurf für Unternehmen mit weniger als zehn Arbeitnehmern geben. Sie sollen nach aktuellem Stand nicht zur elektronischen Zeiterfassung verpflichtet werden.

4. Flexible Möglichkeiten der Umsetzung

Die Art und Weise, wie Unternehmen die Arbeitszeiterfassung umsetzen, bleibt flexibel. Das BAG-Urteil gibt keine konkreten Vorgaben für die technische Umsetzung. Unternehmen können demnach auf verschiedene Systeme und Technologien zurückgreifen, die ihren individuellen Anforderungen entsprechen. Es steht ihnen frei, traditionelle Methoden wie Stempeluhren oder moderne elektronische Lösungen wie zum Beispiel Zeiterfassungs-Software einzusetzen.

5. Digitalisierung als Chance

Die Digitalisierung ermöglicht Unternehmen, die Arbeitszeiterfassung effizienter und präziser zu gestalten. Es stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, wie zum Beispiel digitale Zeiterfassungssysteme, oder mobile Apps. Moderne Zeiterfassungs-Software, beispielsweise prime WebTime von primion, erfasst Arbeitszeiten ortsunabhängig und automatisiert. Das Ergebnis: ein reduzierter Verwaltungsaufwand und geringere Fehleranfälligkeit. Zudem bieten digitale Lösungen erweiterte Funktionen. Urlaubs- und Abwesenheitsmanagement vereinfachen den Workflow – insbesondere für die Personalabteilungen. Gleichzeitig lassen sich skalierbare Lösungen mit verschiedenen Gewerken wie Zutrittskontrolle oder Sicherheitsmanagement koppeln.

6. Vorteile für Unternehmen

Viele Arbeitgeber – insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen – stehen dem Urteil skeptisch gegenüber. Doch das BAG-Urteil sowie die Umsetzung des Gesetzesentwurfs bieten den Betrieben viele Vorteile. Werden Arbeitszeiten genau erfasst, erhalten Arbeitgeber einen transparenten Überblick über die Kapazitäten ihrer Mitarbeiter. Im Idealfall nutzen sie die Informationen, um Arbeitsabläufe zu optimieren. Gleichzeitig minimieren Sie das Risiko von arbeitsrechtlichen Konflikten und verbessern die Einhaltung von Arbeitszeitregelungen.

7. Auswirkungen auf die Arbeitskultur

Neben den Vorteilen der verbesserten Ressourcenplanung sowie einer genauen Abrechnung, kann sich die systematische Arbeitszeiterfassung positiv auf die Arbeitskultur auswirken. Indem Unternehmen die Arbeitszeit transparent gestalten, fördern sie eine Kultur des Vertrauens und der Fairness. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten eine klare Rückmeldung über ihre geleistete Arbeit und erhalten Planungssicherheit, beispielsweise durch die Dokumentation von Überstunden. Auf der anderen Seite haben die Arbeitgeber die Gewissheit, dass die ohnehin geltenden Vorschriften über Pausen- und Ruhezeiten auch bei flexiblen Remote-Arbeitszeitmodellen sauber verwaltet werden können. Experten zu Folge tragen das BAG-Urteil sowie die geplante Gesetzesverabschiedung dazu bei, Arbeit und Freizeit vor allem im Home-Office besser zu trennen.

8. Das BAG-Urteil bedeutet keine Überwachung

Das BAG-Urteil zur Zeiterfassung sollte sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite nicht als Instrument der Überwachung verstanden werden. Es dient vielmehr dem Schutz der Arbeitnehmer und der Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen. Die erfassten Daten werden vertraulich behandelt und nur zum Zwecke der Arbeitszeitdokumentation genutzt.

9. Datenschutz und Information

Bei der Einführung eines Zeiterfassungssystems müssen Unternehmen den Datenschutz beachten. Die Mitarbeiter müssen über den Umfang sowie die genaue Art der erhobenen Daten informiert werden. Transparente Informations- und Kommunikationsmaßnahmen räumen mögliche Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes schon im Vorfeld aus. Es empfiehlt sich, eine Datenschutzrichtlinie umzusetzen, welche die genauen Verfahren und Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeitszeiterfassung beschreibt.

10. Fristen für die Umsetzung

Das BAG-Urteil legt keine spezifischen Fristen für die Umsetzung der Arbeitszeiterfassung fest. Unternehmen sollten jedoch zeitnah Maßnahmen ergreifen, um den Anforderungen des Urteils gerecht zu werden. Eine frühzeitige Umsetzung ermöglicht es den Arbeitgebern, sich auf eventuelle Anpassungen einzustellen und den Übergang reibungslos zu gestalten.

Fazit
Das BAG-Urteil zur Zeiterfassung hat für den Großteil der Unternehmen in Deutschland weitreichende Konsequenzen. Die systematische Erfassung der Arbeitszeit wird zur Pflicht, wobei Unternehmen flexibel in der Wahl der Lösungen sind. Die Digitalisierung bietet zahlreiche Vorteile – von einer effizienteren Verwaltung bis zur Optimierung der Arbeitsabläufe.

Wichtig
Betriebe sollten die BAG-Vorgaben ernst nehmen. So können arbeitsrechtliche Konsequenzen inklusive hoher Geldstrafen vermieden werden. Gleichzeitig kann die Chance genutzt werden, im Unternehmen Arbeitsprozesse zu optimieren. Die korrekte Erfassung und Dokumentation der Arbeitszeiten schützt letztlich Mitarbeiter und garantiert die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen.

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