Remote arbeiten im Ausland: Ein Leitfaden für Unternehmen

Sind Arbeitnehmer zeitweise im ausländischen Home-Office tätig, herrscht häufig Unsicherheit, welche Rechte und Pflichten für sie gelten. Diese Dinge sollten Unternehmen beachten, wenn sie ihren Mitarbeitern flexibles Arbeiten on the road ermöglichen.

Was in vielen Unternehmen lange Zeit kaum bis gar nicht möglich war, ist spätestens seit der Corona-Pandemie vielerorts selbstverständlich. Immer mehr Mitarbeiter arbeiten ortsunabhängig – also remote. Dabei ist nicht nur das Home-Office in Deutschland gefragt, sondern vor allem der kurzzeitige Arbeitsaufenthalt in einem anderen Land. Gemäß einer Fraunhofer Umfrage aus dem Jahr 2022 würden mehr als 50 Prozent der 4.000 Befragten gern mehrere Wochen im Jahr im EU-Ausland arbeiten. Mehr als 30 Prozent gaben an, im nicht-europäischen Ausland befristet tätig sein zu wollen.

Also schnell den nächsten Flug buchen und durchstarten? – So einfach ist es weder für Unternehmen noch für Mitarbeiter. Wenn im Arbeitsvertrag das Recht auf Home-Office festgelegt ist, bedeutet das nicht, dass von überall auf der Welt gearbeitet werden kann. Eine ausländische Remote-Tätigkeit bedarf grundsätzlich fundierter Absprachen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Welche Gesetze gelten? Wie wird die Arbeitszeit geregelt? Wie lange bleibt der Mitarbeiter im Ausland und welche arbeitsrechtlichen sowie versicherungs- und lohnsteuerrechtlichen Aspekte sind wichtig? – Einen ersten Überblick bietet der nachfolgende Leitfaden für Unternehmen für eine Remote-Arbeit im Ausland.

1. Verbindlich vereinbaren: Schriftform für Home-Office-Anspruch

Nach der aktuellen Gesetzgebung gibt es kein generelles Recht auf Home-Office. Möchten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern dies ermöglichen, müssen spezielle Vereinbarungen getroffen werden – schriftlich, als Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag. Hinsichtlich Remote-Arbeit im Ausland sollten diese Rahmenbedingungen entsprechend angepasst beziehungsweise erweitert werden.  

  • Wie lange bzw. wie oft können Mitarbeiter im Home-Office arbeiten?
  • Welche Arbeitszeiten gelten und wie ist die Arbeitszeiterfassung geregelt?
  • Welche Arbeitsmittel werden vom Arbeitgeber bereitgestellt? Welches Equipment stammt vom Mitarbeiter?  
  • Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben müssen eingehalten werden?  
  • Wie ist die Erreichbarkeit gewährleistet?  
  • In welchen Ländern außerhalb Deutschlands darf remote gearbeitet werden?  
  • Wie lange dürfen Mitarbeiter im Ausland arbeiten?  
  • Unter welchen Umständen muss der Mitarbeiter vorzeitig zurück nach Deutschland kommen?  
  • Wie sind Sozial- und Krankenversicherung geregelt? Müssen länderspezifische Regeln berücksichtigt werden?  

2. Vorab klären: Aufenthaltsrecht, Arbeitserlaubnis und Arbeitsrecht im Ausland

Viele Unternehmen sind grundsätzlich bereit, ihren Mitarbeitern die Arbeit im Ausland zu ermöglichen. – Immerhin können sie als Arbeitgeber im Recruiting-Prozess wichtige Pluspunkte hinsichtlich Social Benefits sammeln. Auch das bestehende Team profitiert. So können die örtliche Flexibilität und das angepasste Arbeiten an verschiedene Lebenssituationen zu einer gesteigerten Mitarbeiterzufriedenheit und damit zu gesteigerter Produktivität führen.

Hinsichtlich rechtlicher Grundlagen für die Remote-Arbeit im Ausland ist der Zielort maßgeblich. Je nachdem, ob der Arbeitnehmer innerhalb oder außerhalb der EU arbeiten möchte, gelten andere Rahmenbedingungen.  

Remote Arbeit innerhalb der EU

In der europäischen Union (EU) und in der Schweiz herrschen Niederlassungsfreiheit. EU-Bürger genießen dort Freizügigkeit. Sie können ohne Visum oder Arbeitserlaubnis in jeden Mitgliedsstaat einreisen und von dort arbeiten.

Hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Vorgaben lässt sich grundsätzlich sagen: Wenn es sich um ein deutsches Arbeitsverhältnis handelt, und der beteiligte Mitarbeiter nur vorübergehend im Ausland arbeitet, gilt das deutsche Arbeitsrecht. Unternehmen müssen jedoch prüfen, welche weiteren nationalen Regelungen gelten und ob diese angewandt werden müssen. Für bestimmte Bereiche muss also möglicherweise neben dem deutschen Arbeitsrecht auch das Arbeitsrecht des Remote-Staates berücksichtigt werden. Dazu gehören unter anderem Aspekte des technischen und/oder medizinischen Arbeitsschutzes (siehe Rom-I-Verordnung beziehungsweise EGBGB).

Arbeitet der Mitarbeiter nicht auf eigenen Wunsch remote im Ausland, sondern wurde vom Arbeitgeber entsendet, gilt die Entsenderichtlinie. In Ausnahmefällen gilt auch die Remote-Arbeit im Ausland als Entsendung. Unternehmen sollten sich folglich informieren, ob die Mitarbeiter-Tätigkeit als Entsendung gilt und welche nationalen Regelungen entsprechend zu beachten sind.

Home-Office im Ausland außerhalb der EU

Außerhalb der EU fehlen verbindliche Regelungen. Es kommt stets darauf an, welche Vereinbarungen zwischen Deutschland und dem gewünschten Zielland bestehen. Grundsätzlich gilt: Möchten Mitarbeiter vorübergehend in Nicht-EU-Ländern arbeiten, benötigen sie sowohl eine Aufenthaltsgenehmigung als auch eine Arbeitserlaubnis. Diese können in der Regel problemlos online beantragt werden.

Einige Länder wie Costa Rica oder Thailand haben spezielle Angebote für Menschen, die ausschließlich digital arbeiten. Die Bestimmungen sind allerdings sehr unterschiedlich. Fehlverhalten – wenn beispielsweise unrechtmäßig mit einem Touristenvisum gearbeitet wird – wird hoch bestraft. Daher müssen sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer über die Vorgaben des gewählten Nicht-EU-Landes informieren.

Tipp: Mitarbeiter im Ausland sollten beim Auswärtigen Amt registriert werden. Dort gibt es eine Datenbank zur Erfassung von Deutschen im Ausland. Im Notfall können Personen schnell erreicht oder bei Unglücksfällen die Familien informiert werden.

3. Gut abgesichert: Sozial- und Krankenversicherung beim Arbeiten im Ausland

Als Faustregel gilt: innerhalb Europas ist ein Aufenthalt von bis zu 30 Tagen unproblematisch möglich. In diesem Zeitraum müssen steuerrechtliche oder sozialversicherungsrechtliche Bedingungen nicht geprüft und/oder eingehalten werden.  

Innerhalb der EU gelten hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht die Kollisionsnormen des Art. 11 ff. der Verordnung (EG) 883/04. Darin ist unter anderem festgelegt, dass nur die Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates von Belang sind. Das Ziel: ein lückenloser Versicherungsschutz für den Arbeitnehmer und das Vermeiden von Doppelbelastungen.

Grundsätzlich sind die Arbeitnehmer in dem Land sozialversicherungspflichtig, in dem sie arbeiten – also im so genannten Tätigkeitsland. Wer weniger als drei Monate innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz remote arbeitet, bleibt dank A1-Bescheinigung im Heimatland versichert. Seit Juli 2019 müssen Arbeitgeber jedem Mitarbeiter, der geschäftlich ins EU-Ausland reist, diese Bescheinigung ausstellen. Mit einer A1-Bescheinigung können die erwerbstätigen Personen nachweisen, ob für sie das Recht des Entsendestaates oder die Vorschriften eines ausländischen Staates gelten. Eine deutsche A1-Bescheinigung dokumentiert in diesen Fällen, dass die im Ausland erwerbstätige Person weiter dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt. Auf diese Weise werden gleichzeitige Beitragszahlungen in mehreren Mitgliedsstaaten oder ein Wechsel zwischen den Sozialversicherungssystemen vermieden. Die A1-Bescheinigung kann inzwischen unproblematisch online beantragt werden und liegt wenige Tage später als Download bereit.

Wichtig: Mitarbeiter sollten diese Bescheinigung stets mit sich führen, da es sonst zu hohen Bußgeldern kommen kann, wenn eine Kontrolle stattfindet.

Sobald die Remote Arbeit im Ausland – innerhalb der EU – länger als drei Monate dauert, werden die Abgaben zur Sozialversicherung im jeweiligen Tätigkeitsland fällig. Ausnahme: Ein Unternehmen entsendet Mitarbeiter für maximal 24 Monate in ein Land, in welchem es zusätzlich einen ständigen Firmensitz hat.

Mit einigen Ländern außerhalb der EU – wie USA, Australien, Indien, Japan oder der Türkei – hat Deutschland Sozialversicherungsabkommen geschlossen. In diesen sind der Erwerb von Rentenansprüchen und die Zahlung von Renten im jeweiligen Land geregelt. Für die Entsendung in diese Länder ist kein A1-Formular notwendig, es gelten aber andere Entsendebescheinigungen.

Krankenversicherung im Ausland

Bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten ohne Wohnsitzverlegung bleibt der deutsche Versicherungsschutz bestehen. Es ist aber sinnvoll – vor allem für Aufenthalte außerhalb der EU – eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Damit werden alle Kosten einschließlich möglicher Rücktransportkosten nach Deutschland abgedeckt. Die deutschen Versicherungen erstatten die Behandlungskosten nur in Höhe der deutschen Behandlungen. In den USA beispielsweise ist ein Krankenhausaufenthalt deutlich teurer. Die Differenz wird die Krankenkasse entsprechend in Rechnung stellen.

4. Bedingungen prüfen: Steuerrecht beim Arbeiten im Ausland

Einheitliche Regelungen gibt es innerhalb der EU nicht. Steuerrechtliche Fragen sind stets abhängig von der Länge des Auslandsaufenthaltes und vom Einsatzort. Werden 183 Tage Aufenthalt in einem anderen Staat nicht überschritten und das Entgelt wird weiterhin von einem deutschen Unternehmen gezahlt, bleiben die Beschäftigten in Deutschland steuerpflichtig (183-Tage-Regelung). Voraussetzung: Der jeweilige Mitarbeiter hat einen deutschen Wohnsitz.

Mit vielen Ländern hat Deutschland zudem ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Darin ist geregelt, in welchem Land Steuern fällig werden.

Gut zu wissen: Wenn sich das mobile Arbeiten im Ausland festigt und der Mitarbeiter langfristig von dort aus seiner Tätigkeit nachgehen möchte, sollten die Verantwortlichen im Unternehmen das Gespräch mit den dortigen Behörden suchen. Wird Home-Office regelmäßig über einen langen Zeitraum hinweg genutzt, kann aus der Home-Office-Arbeitsstätte eine steuerpflichtige Betriebsstätte des Unternehmens werden. Das ist vor allem der Fall, wenn Räume angemietet wurden.

Individuelle Aspekte: Kommunikation aufrechterhalten und lokale Gegebenheiten beachten

Neben rechtlichen Rahmenbedingungen müssen sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer individuelle Fragen klären. Bei flexiblen Arbeitsmodellen und dem Management über mögliche unterschiedliche Zeitzonen hinweg, geht es vor allem darum, die Kommunikation im Team und sämtliche Prozesse aufrecht zu erhalten. Virtuelle Teambuilding-Aktivitäten sowie der Einsatz von modernen digitalen Projektmanagement- und Kollaborationsplattformen und modernen Zeiterfassungssystemen leisten hier wertvolle Dienste.

Darüber hinaus müssen Mitarbeiter im Ausland entsprechende Sicherheitsaspekte vor allem in puncto Datensicherheit beachten. Mit einfachen Möglichkeiten kann auch im Ausland eine sichere Arbeitsumgebung geschaffen werden. VPN-Netzwerke, keine Arbeit in öffentlichen Netzen und Monitore mit Sichtfolie tragen in jedem Fall zu gesteigerter Sicherheit beim mobilen Arbeiten bei.

Fazit: Remote Work im europäischen Ausland oder in Staaten, mit denen es besondere Abkommen mit Deutschland gibt, ist deutlich leichter realisierbar. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten offen darüber sprechen, ob bei gewünschtem Home-Office im Ausland diese Länder als Zielland bevorzugt werden sollten. Grundsätzlich sollte eine Remote-Tätigkeit – vor allem im nicht-europäischen Ausland – gut überlegt sein. Neben rechtlichen Rahmenbedingungen sind individuelle schriftliche Vereinbarungen erforderlich. Der Ort sowie Zeitraum des Auslandsaufenthaltes sind entscheidend für arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Aspekte.

Ähnliche Blogartikel

to top

oder vereinbaren Sie einen Rückruf:

close